WILDBRET HYGIENE – einst und jetzt:

Was hat sich in den letzten Jahrzehnten getan?

Warum essen wir so wenig Wild, obwohl es ja so gesund ist? Und warum meiden so viele generell Wildfleisch wie sonst vielleicht nur Innereien? Zu nachlässig sei man vor Jahrzehnten in Sachen Hygiene gewesen, was den Geschmack und auch die Genießbarkeit von Wildfleisch stark beeinträchtigt hätte, heißt es. Eine fachkundige Spurensuche:

Wenn es um Fleischhygiene geht, ist Ao. Univ.-Prof. Peter Paulsen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein wahrer Experte. Also haben wir mit ihm darüber gesprochen, ob Maßnahmen zu spät gesetzt wurden, der Jäger von heute ein „Musterschüler“ in puncto Hygiene ist und wie der Stellenwert von Wildbret in der Zukunft sein wird.

Herr Professor Paulsen, was hat sich in puncto Wildhygiene in den letzten 20 Jahren getan?

Eine solide gesetzliche Basis für den Umgang mit Wild nach dem Erlegen gibt es in Österreich seit 1994 – und ab diesem Zeitpunkt waren auch Änderungen in der Praxis der Wildbrethygiene festzustellen. Das betrifft einerseits die Ausstattung der Reviere mit Kühlräumen oder Kühlzellen sowie Empfehlungen zum raschen und sauberen Ausweiden. Andererseits betrifft es die Verarbeitungstiefe des Lebensmittels Wildbret durch Jägerinnen und Jäger. Durch Vorgaben für die „Direktvermarktung“ wurde Rechtssicherheit geschaffen und auch ein Anreiz für Investitionen in Zerwirkausstattung und geeignete Räumlichkeiten gesetzt. Diese Möglichkeiten werden sowohl von größeren Revieren und Forstverwaltungen, aber auch von kleinen Revieren genützt.

Warum kamen die gesetzlichen Vorschriften zum richtigen Umgang nach dem Erlegen so spät? Anders gefragt: Kamen sie zu spät?

Der richtige Umgang mit Wildfleisch wurde und wird schon seit jeher im Rahmen der Jagdausbildung vermittelt – immer im Kontext mit den aktuellen Anforderungen und Möglichkeiten. Wer beispielsweise Unterlagen aus den 1950ern durchsieht, wird zwar einige überholte, aber auch einige heute noch gültige Grundsätze finden. Vorschriften zur Wildfleischbeschau im Großhandel und zur marktamtlichen Kontrolle von Wildbret gab es schon länger – letztere schon seit Jahrhunderten. Was gefehlt hat, war die verpflichtende Untersuchung der Tiere vor dem Erlegen und die Beurteilung der inneren Organe mit der Notwendigkeit, das Ergebnis zu dokumentieren.

Mit der EU-Wildfleischrichtlinie 1992 wurden die Grundlagen geschaffen und in Österreich mit dem Beitritt zum EWR umgesetzt. Geregelt wurde nun jede Form der Weitergabe, nicht nur jene an den Großhandel. Ob solche Regelungen schon früher notwendig gewesen wären, ist eine gute Frage und hängt auch von den Vermarktungswegen und Zubereitungsgewohnheiten ab. Jedenfalls muss man sagen: Als das in der EU konkretisiert wurde, war Österreich unter den Ersten, die es umgesetzt haben.

Aus der Sicht der Lebensmittelkontrolle: Ist der Jäger heute ein „Musterschüler“ oder gibt es nach wie vor Probleme mit Kühlzeiten, Reinigung und so weiter? 

In den letzten 30 Jahren hat sich einiges getan – und wer 1994 oder 2000 mustergültig ausgestattet war, wird nun natürlich nachbessern müssen. Mängel in der Geräteausstattung sind aber leicht behebbar. Bezüglich Reinigung und Desinfektion von Geräten und Einrichtungen gibt es sicher noch vereinzelt Schulungsbedarf, und auch der Umgang mit verschmutzten Tierkörpern ist ein Thema.

Manchmal fehlt noch das Bewusstsein, dass Wildtierkörper, die vom Händler erst in ein paar Tagen abgeholt und bearbeitet werden, nicht nur jetzt, sondern auch noch in drei, fünf oder mehr Tagen einwandfrei sein müssen. Da sind das Vermeiden beziehungsweise Entfernen von Verschmutzungen und die richtige Kühlung sehr wichtig. Die Wildbrethygiene ist sozusagen eine Vorleistung, damit später die Lebensmittelqualität und -sicherheit passen. Was aber zu beobachten ist: Jägerinnen und Jäger wissen um den Wert ihres Produkts „Wildbret“ und investieren viel Zeit und Mühe in den optimalen Umgang mit und die optimale Bearbeitung von Wildfleisch.

Gibt es Zahlen, wie es sich bei Lebensmittelkontrollen generell verhält? Sprich: ein „normaler“ Schlachthof versus Wildverarbeitungsbetrieben?

Die Zahlen sind nicht gut vergleichbar: Schlachtbetriebe und Wildbearbeitungsbetriebe (Großhändler) sind zugelassene Betriebe, während Wildbretdirektvermarkter registrierte Betriebe sind. Zugelassene Betriebe sind meist größer und werden häufiger kontrolliert. Wichtig ist aber zu wissen, dass jeder Betrieb zur Eigenkontrolle verpflichtet ist. Das bedeutet, dass Mängel und Fehler vom Betrieb erkannt und behoben werden müssen und nicht zugewartet werden darf, dass oder ob die Behörde etwas findet. Gerade die Eigenkontrolle ist ein wesentliches Element der Lebensmittelsicherheit, und auch Direktvermarkter werden darin geschult.

Wie oft werden Jäger bzw. Betriebe, die Wildfleisch verarbeiten, heute kontrolliert? Öfter als früher?

Lebensmittelbetriebe werden risikobasiert nach einem Stichprobenplan überprüft. Je nach Risikoeinstufung und konkreter Situation des Betriebs gibt es Unterschiede bei der Häufigkeit von Kontrollen. Es wird sicher nicht öfter als früher kontrolliert, aber sehr gezielt. Dazu kommen die Eigenverantwortung sowie die Eigenkontrolle der Betriebe, das hat bei manchen ein Umdenken erfordert.

Wie läuft eine Kontrolle im Wildbereich ab?

Für Lebensmittelbetriebe gibt es grundsätzlich ähnliche Vorgangsweisen bei einer Revision, d.h. einer amtlichen Kontrolle. Er werden der bauliche Zustand und die Ausstattung überprüft, der Umgang mit den Waren sowie Sauberkeit und Hygienezustand und die Unterlagen (Dokumentation).

Gibt es für das Zerwirken von Wild andere Regeln als bei Fleisch generell?

Für das Zerwirken eigentlich nicht. Im Gegensatz zur Schlachtung wird Wild erst nach der Kühlung enthäutet – im zugelassenen Wildbearbeitungsbetrieb ist das der Regelfall, bei der Direktvermarktung kann es auch anders sein.

Wenn Wildfleisch so gut verarbeitet wird, warum wird es dann so selten gegessen?

In Österreich werden ca. 0,5 kg/Person und Jahr als Verzehrdaten angegeben, manche Autoren geben auch bis zu 1 kg an; das sind nur ein paar Portionen pro Jahr. Dieser Durchschnittswert sagt nicht viel aus, da manche Personen praktisch nie Wild essen und andere eben häufiger, sowohl Jägerinnen und Jäger als auch Nicht-Jägerinnen und Nicht-Jäger.

Was beeinflusst nun den Wildbretverzehr?

Die Menge an Wildfleisch, die in Österreich nachhaltig erwirtschaftet werden kann, ist zwar noch steigerungsfähig, aber stärker begrenzt als bei den landwirtschaftlichen Nutztieren. Das ist so wie beim Schwammerlsuchen im Vergleich zur Pilzzucht. Dazu kommen Ausfuhren von österreichischem Wildbret in EU-Staaten und Drittstaaten.

Bei manchen Wildarten ist die Produktion stark saisonal, beispielsweise beim Feldhasen und Fasan. Die Konsumenten sind darüber hinaus mittlerweile gewöhnt, alle Lebensmittel frisch über das gesamte Jahr zu bekommen – egal, in welcher Weltregion sie hergestellt wurden. Für die Gastronomie und für die Privaten ist der unkomplizierte Zugang zu fertig zugerichteten Fleischteilstücken vom Wild sicher ein wesentlicher Faktor. Das kann über den Wildbrethandel, aber auch über die Wildbretdirektvermarktung ermöglicht werden. Wer Fleisch gerne selbst kocht, wird keine Schwierigkeiten haben, auch einmal Wildfleisch zuzubereiten und das dann in Zukunft öfter tun. Das gilt besonders – aber nicht nur – fürs Grillen. Auch Menschen, die regionale Produkte bevorzugen, werden häufiger auf Wildfleischprodukte treffen, weil sie inzwischen an vielen Stellen angeboten werden. Wer aber häufiger auf Fast-Food oder Convenience-Produkte zurückgreifen muss und will, wird auch in Zukunft seltener mit Wildfleischprodukten in Kontakt kommen.

WEITERLESEN:
Wildbret-Küchentipps

Ein Beitrag von Uschi Macher | Jagdfakten.at Redaktion | Bildquellen: Gerald Eberl, AdobeStock, iStock, Pixabay

WILDES ÖSTERREICH

Die erste Adresse für Ihren Wild-Genuss!
Mit wenigen Klicks zum lokalen Wildfleisch-Anbieter in Ihrer Nähe: